Dieser Text erscheint im Rahmen des neuen Kantonsrats-Newsletter an alle Mitglieder der SP Kt. Solothurn vom Juni 2025.
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Am Vortag der Kantonsratssession kam der Paukenschlag: Die Regierung gab bekannt, dass sie den GAV des kantonalen Personals kündigt; beschlossen an ihrer zweitletzten Sitzung in der alten Zusammensetzung, sieben Tage vor Ablauf der Kündigungsfrist, weniger als 24 Stunden vor Beginn der Kantonsratssession – nichts anderes als ein Überfall. Für die Fraktion SP/junge SP sind sowohl das Vorgehen als auch der Entscheid eine Zumutung.
Co-Fraktionspräsidentin Melina Aletti fand deutliche Worte. Nachdem sie realisiert habe, dass es sich bei der GAV-Kündigung nicht um einen verspäteten Aprilscherz handle, habe ihr Kopf sofort unzählige Fragen produziert: «Wie soll die Kündigung gut für die Staatsfinanzen sein, aber keine Lohnkürzungen mit sich bringen? Wie kann ein gleich guter GAV aussehen, wenn er weniger kosten soll? Wieso gerade jetzt? Wann war es nicht möglich, dringliche Anpassungen am GAV vorzunehmen?» Die Erfahrung zeige es klar: «Wenn der Arbeitgeber den GAV kündigt, verdienen nachher die oberen Lohnklassen mehr, die untersten weniger.» Genau so könnte es bei den Solothurner Spitälern passieren, wo drei Viertel aller Mitarbeitenden leicht mehr verdienen als in anderen Spitälern. Sie empfinde es als zynisch, wenn Freisinnige von einem «mutigen Schritt» sprächen: «: Mutig wäre es gewesen, hinzustehen und zu sagen, dass man den GAV für alle Mitarbeitenden behalten will, auch wenn andere Kantone nicht mitgezogen haben.» Und schliesslich die Frage aller Fragen: «Weshalb hat die Regierung einfach gekündigt? Wie sollen die Angestellten und die Personalverbände Vertrauen haben, wenn man nicht verhandelt, sondern kündigt?»
Entsetzen reihum
Urs Huber, als langjähriger Gewerkschaftssekretär beim SEV mit dem Thema Sozialpartnerschaft und Gesamtarbeitsvertrag bestens vertraut, sagte es gleich zu Beginn seines Votums klar: «So stösst man seine Partner vor den Kopf.» Als Präsident des Verbands der Wegmacher hat er Einblick in die von der Regierung heftig kritisierte GAVKO (das Gremium für die Umsetzung und Weiterentwicklung des GAV). Er hielt fest, seine Erfahrung dort sei eine ganz andere: Schwerfällig sei vor allem die Vertretung der Arbeitgeber. Die Berichte, die die Regierung zum Gesamtarbeitsvertrag eingeholt hatte, betrachtete er als gute Grundlage für eine gemeinsame Weiterentwicklung des Gesamtarbeitsvertrags: «Eigentlich steht da drin, dass der GAV sich bewährt hat.» Dass die Regierung auf dieser Basis kündigt statt verhandelt, versteht auch er nicht: «Die Verbände kommen sich vor wie bei Trump: Ein eigentlich befreundeter Staat, ein Partner wird zum Problem, zum Feind erklärt.»
Auch Nadine Vögeli vertritt eine kantonale Berufsgruppe: die Polizei. Deren Personalverband sei ob des Entscheids der Regierung «sprachlos». Und sie hielt klar fest: «Wenn man wirklich etwas Richtiges machen will für die Polizei, gibt es nichts zu sparen, sondern es wird eher mehr kosten.»
Silvia Fröhlicher, als Lehrerin direkt vom Entscheid betroffen, zeigte sich ebenfalls entsetzt: «Die Regierung streut Verunsicherung, provoziert einen Vertrauensverlust und missachtet die Sozialpartnerschaft – und das alles direkt vor Abschluss des Schuljahres.»
SP arbeitet mit – «zum Wohl wirklich aller»
Melina Aletti hielt jedoch fest, dass die Fraktion SP/junge SP trotz allem Unverständnis und trotz dem Vertrauensverlust bereit sei, konstruktiv an der grossen Arbeit mitzuwirken, die nun auf das Parlament zukomme: «Zum Wohl aller, wirklich aller Mitarbeitenden des Kantons – für gute Arbeitsbedingungen, gegen Lohnkürzungen».
In der Septembersession wird der Kantonsrat eine 15-köpfige Spezialkommission einsetzen, die vermutlich während der gesamten Amtsdauer bis 2029 an der Erarbeitung der neuen Grundlagen des Solothurner Personalrechts arbeiten wird. Die Ratsleitung hat am letzten Sitzungstag entschieden, dass die Kommission wie die ordentlichen parlamentarischen Kommissionen zusammengesetzt wird. Das bedeutet, dass SVP und FDP/GLP in der Kommission eine Mehrheit haben, im Gegensatz zu den tatsächlichen Verhältnissen im Rat.
Präsidium SP/junge SP Fraktion
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