Vernehmlassung zur Änderung des Spitalgesetzes

Die Unsicherheiten im Zusammenhang mit der Einführung von SwissDRG sind gross. Viele Details sind noch ungeklärt. So darf es nicht sein, dass die Behandlungs- und Betreuungsqualität nach der Einführung sinkt. Aufgrund des stetigen Personalabbaus und den immer kürzere Spitalaufenthalten in der soH (Solothurner Spitäler AG) ist die SP sehr skeptisch, dass die Versorgungssicherheit gewährleistet werden kann. Sie fordert eine Begleitstudie, die ein Jahr vor der Einführung beginnt, damit problematische Veränderungen rechtzeitig erkannt und angegangen werden können. Die SP erwartet auch, dass der Kanton beobachtet, wie sich die Einführung der SwissDRG auf die Spitalaustritte auswirkt. Es darf nicht sein, dass Patientinnen und Patienten frühzeitig aus dem Spital entlassen werden und die Kosten der weiterhin benötigten Pflege in den ambulanten Bereich verlagert werden.

Die mit den SwissDRG nötigen neuen Abgeltungen nicht kantonaler Spitäler sollen für gleich lange Spiesse sorgen (damit die freie Spitalwahl nicht zur Farce wird). Mit 60 Millionen Franken jährlich erkauft sich der Kanton einen freien Wettbewerb. Der Markt soll entscheiden, welche Spitäler überleben. Nach unserer Meinung ist die Gefahr gross, dass private Spitäler trotz allgemeiner Behandlungspflicht weiter Rosinen picken und die unrentablen Fälle an die öffentlichen Spitäler weiter leiten. Diese sind wegen der Rendite gezwungen, genügend eigene Fälle zu generieren, was zur Mengenausweitung führt. Der Wettbewerb führt also vorübergehend zu mehr und nicht, wie erwünscht, weniger Spitalbetten. Entscheidend in diesem System sind die quantitativen und qualitativen Voraussetzungen für alle Spitäler der Spitalliste. Die SP erwartet vom Regierungsrat, dass er Bedingungen definiert, die von Anfang an nicht zur Mengenausweitung führen und trotzdem eine qualitativ bestmögliche Versorgung der Solothurner Bevölkerung garantieren. Um diese Ziele zu erreichen, ist eine restriktiv gehandhabte Spitalliste unabdingbar. Es wird zu teuer, wenn der freie Markt während Jahren zu gross ist.

Die SP erwartet, dass der Kanton die Einwohnerinnen und Einwohner über die möglichen finanziellen Konsequenzen der ab 2012 möglichen freien Spitalwahl informieren.

Spitalliste (qualitative Voraussetzungen) 
Die SP begrüsst die Zuständigkeit des Regierungsrats zur definitiven Festlegung der qualitativen Voraussetzungen für die Aufnahme eines Spitals in die Spitalliste, ist er doch auch für die Erstellung der Spitalliste zuständig. 

Die vorgeschlagenen qualitativen Voraussetzungen sind in zwei Kategorien einzuteilen: Einerseits in die Voraussetzungen, die von Bundesrechts wegen zu berücksichtigen sind, andererseits in Voraussetzungen, die der Kanton in eigener Kompetenz festlegen kann. 

Unter den Voraussetzungen in kantonaler Kompetenz begrüsst die SP ausserordentlich, dass sich alle Listenspitäler angemessen an der Aus- und Weiterbildung der Berufe im Gesundheitswesen beteiligen sollen müssen. Dies entspricht einer langjährigen Forderung der SP-Fraktion, die in verschiedenen Vorstössen Massnahmen gegen den prognostizierten Personalmangel im Gesundheitswesen sowie für die Schaffung von Ausbildungsplätzen für Jugendliche gefordert hat. Indem die Voraussetzung alle Listenspitäler verpflichtet, ihre Ausbildungsverantwortung wahrzunehmen, hilft sie dem prognostizierten Personalmangel entgegenzuwirken. Gleichzeitig schafft sie gleich lange Spiesse für alle Listenspitäler. Alle Spitäler sind auf medizinisches, therapeutisches und pflegerisches Fachpersonal angewiesen. Die Kosten der Ausbildung sollen auch von allen getragen werden.

Des Weiteren befürwortet die SP die angemessene Beteiligung am Notfalldienst ebenfalls unter der Prämisse der gleich langen Spiesse für alle Listenspitäler sowie auch die Einhaltung bestimmter Vorgaben zur Rechnungslegung und Rechnungskontrolle im Sinne einer erhöhten Transparenz und Vergleichbarkeit unter den Leistungserbringern. Der Notfalldienst ist ein personal-, material- und kostenintensiver Bereich in einem Spital. Das Anbieten des Notfalldienstes soll nicht zu einem Nachteil führen, daher ist es der SP besonders wichtig, dass der Notfalldienst auf alle Institutionen verteilt wird. Die Qualität der Versorgung der Patientinnen und Patienten soll gewährleistet sein und dafür braucht es eine entsprechende Grösse und Organisation der Notfallstation. Daher soll diese Verpflichtung auch mit einer finanziellen Abgeltung geleistet werden können. 
Die Einhaltung bestimmter Vorgaben zur Rechnungslegung und Rechnungskontrolle (lit.g) im Sinne einer erhöhten Transparenz und Vergleichbarkeit unter den Leistungserbringern begrüssen wir. Durch die neue Verrechnung werden alle Spitäler entsprechend ihren Leistungen mit öffentlichen Geldern unterstützt. Es erscheint der SP wichtig, dass genügend Transparenz geschaffen wird, damit kontrolliert werden kann, wie diese Gelder eingesetzt werden.

Da über die Fallpauschalen ab 2012 mit kantonalen Steuergeldern auch privaten Listenspitälern einen Anteil an ihre Investitionskosten bezahlt wird, ist für die SP absolut zentral, dass der Regierungsrat im Leistungsauftrag den privaten Listenspitälern Vorgaben bzgl. Verwendung dieses Investitionsanteils machen kann. Die SP begrüsst daher die vorgesehene Möglichkeit der Vorgaben mittels Auflagen und anderen Nebenbedingungen zum Leistungsauftrag. Es darf nicht sein, dass kantonale Steuergelder durch private Einrichtungen zweckentfremdet werden. Gleichzeitig geht der SP diese Vorgabe aber zu wenig weit. Der SP fehlen – ganz im Sinne des Gebots der gleich langen Spiesse für alle durch kantonale Gelder finanzierten Spitäler – insb. auch Vorgaben im Bereich des Arbeitnehmerschutzes und weitere Vorgaben zur Verhinderung der Zweckentfremdung kantonaler Steuergelder. Von Privatspitälern, die in die Spitalliste aufgenommen werden wollen, soll auch Folgendes verlangt werden können: 
–   die Bereitschaft von privaten Einrichtungen, in denen keine verbindlichen Gesamtarbeitsverträge bestehen, sich in Sachen Arbeitsbedingungen für das Personal der Einrichtung nach den Anforderungen des kantonalen GAV zu richten.
–   die Bereitschaft, sich für die Besoldung der Mitglieder von leitenden Organen der Einrichtungen sowie für die Dividendenausschüttung nach den Einschränkungen des Regierungsrats zu richten.
Übertragung der Immobilien 
Die SP geht mit dem Regierungsrat einig, dass unternehmerisches Handeln einfacher ist, wenn die Unternehmung über ihre Immobilien selber verfügen und über Investitionen eigenständig entscheiden kann, lehnen es aber ab, die entsprechenden rechtlichen Möglichkeiten wie vorgeschlagen bereits jetzt vorzusehen. Wir sind der Auffassung, dass eine solche Norm erst geschaffen werden soll, wenn
–   der allfällige Neubau des Bürgerspitals abgeschlossen
–   und der Immobilienbestand der Solothurner Spitäler bereinigt ist (Verkauf  oder Neunutzung bestehender Regionalspitäler).
Im Weiteren müsste der Nachweis erbracht werden, dass Investitionen billiger kommen, wenn die soH an Stelle des Kantons als Investor auftritt. Die Frage, ob die nötige Fremdkapitalbeschaffung durch die soH ebenso günstig wie durch den Kanton erfolgen kann, ist daher mehr als berechtigt.
Schliesslich gibt die SP zu bedenken, dass nach einer Übertragung der Immobilien die Einflussnahme von Kantonsrat und Volk fast gänzlich ausgeschlossen ist. Spitäler sind die Flaggschiffe des Service public, entsprechend zentral ist auch die Frage der Mitsprache durch Parlament und Volk. Auch unter diesem Aspekt stehen wir der angestrebten Übertragung mit Skepsis gegenüber.
Rechtsweg 
In der Ausführungen wird auf eine Gutachten von Lienhard/ Kettiger verwiesen. Dieses Gutachten wurde weder als Anhang, noch auf der Homepage des Kantons frei einsehbar aufgeschaltet. Ein solches Vorgehen ist nicht haltbar und verunmöglicht eine vertiefte Auseinandersetzung aller Beteiligten.
Grundsätzlich befürwortet die SP die Schaffung von Einsprachemöglichkeiten gegen Massenverfügungen, wie sie auch das kantonale Steuerrecht kennt. Sollen solche Einsprachemöglichkeiten doch nachträglich das rechtliche Gehör sicherstellen, wenn aus Gründen der Verfahrensökonomie vor Erlass der Verfügung keine oder nur eine eingeschränkte Anhörung der Betroffenen stattgefunden hat. Dies ist gerade auch bei den Spitalrechnungen der Fall, deren zweite Mahnung in Form einer anfechtbaren Verfügung mit Rechtsmittelbelehrung ergeht, generell aber wohl ohne vorgängige Mitwirkung der Betroffenen und ohne individuelle Begründung erlassen wird. 

Gleichzeitig hat die SP aber Bedenken bzgl. der personellen Unabhängigkeit einer soH-internen Einspracheinstanz, umso mehr als der soH von Gesetzes wegen nicht vorgeschrieben werden kann, welches Organ für die Behandlung der Einsprachen zuständig ist. Damit die SP einer soH-internen Einsprachemöglichkeit zustimmen kann, muss institutionell gewährleistet werden, dass die Einsprachen mit genügender Unabhängigkeit behandelt werden können. Die SP befürchtet, dass die soH nicht über genügend Kapazitäten und personelle Ressourcen verfügt, um diese Unabhängigkeit in einem Einspracheverfahren zu sichern. Es darf aber nicht sein, dass dieselbe Person, die verfügt, in der Folge auch über die Einsprache entscheidet. Dies wäre einerseits der nachträglichen Gewährung des rechtlichen Gehörs nicht zuträglich. Andererseits würde es zu einer unnötigen und sinnlosen Verlängerung des Verfahrens führen, ohne gleichzeitig den zweistufigen Instanzenzug durch ein Plus an Rechtsschutz zu rechtfertigen. 

Noch skeptischer steht die SP einer Einsprachemöglichkeit gegen Verfügungen betreffend Patientenrechte gegenüber, sofern diese auch unter die neue Bestimmung fallen sollten. Bei Verfügungen betreffend Patientenrechte handelt es sich um keine Massenverfügungen. Zudem werden diese durch die soH – anders als die Mahnungen von Spitalrechnungen – regelmässig mit einer Begründung versehen. Der Sinn einer soH-internen Einsprachemöglichkeit im Bereich der Patientenrechte ist für die SP daher nicht nachvollziehbar. Die SP befürchtet, dass eine solche zu einem Leerlauf im Rechtsmittelverfahren führen würde und ist der Meinung, dass gerade im Bereich der Patientenrechte eher eine soH-externe Beschwerdeinstanz vorgesehen werden sollte.

Die SP fände es sinnvoll, die Ergebnisse der Arbeitsgruppe zum zweistufigen Instanzenzug bei der medizinischen Haftung abzuwarten. Unter Umständen ergeben sich aus den dort gewonnenen Erkenntnissen auch neue Lösungen für den vorliegenden Rechtsmittelweg. 

Weitere Informationen gibt Ihnen Fränzi Burkhalter-Rohner, Kantonsrätin aus Biberist: 079 766 93 58

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