„Dass wir zum 70-jährigen Gedenken an das Ende des 2. Weltkrieges in Europa heute eine Friedenslinde pflanzen, hat seinen ersten Grund in der Dankbarkeit gegenüber den Alliierten, die damals die Achsenmächte besiegt und die nationalsozialistische Schreckensherrschaft in Europa beendet habe“, so Ruedi Tobler zu Beginn seines Referats in Bolken. Dabei wolle man auch die dunklen Seiten nicht vergessen, etwa die Flüchtlingspolitik. Humanitäres Engagement war damals Widerstand gegen die offizielle Politik, wie heute leider schon wieder, meinte Tobler weiter.
Zur Zeit des 2. Weltkrieges war die Schweiz wirtschaftlich sehr stark von Nazideutschland abhängig und hat sich selber weitestgehend ins Wirtschaftssystem der Achsenmächte integriert – stärker als sie heute mit den bilateralen Verträgen wirtschaftlich an die EU gebunden ist. Tobler wörtlich „es ist entlarvend, dass unsere Rechtsaussenpartei die damaligen Verhältnisse als Zeit des Widerstandes und der Selbstbehauptung mythologisch verklärt – während sie das gegenseitig ausgehandelte Verhältnis zur EU als Knechtung und Umzingelung verteufelt.“
Die Alliierten haben nicht den Fehler gemacht, sich als Sieger aufzuspielen und sich an den Besiegten schadlos zu halten. Mit der Gründung der Vereinten Nationen haben sie in der UNO-Charta den Anspruch erhoben, eine friedliche Weltordnung zu schaffen, «künftige Geschlechter vor der Geissel des Krieges zu bewahren» und «die Achtung vor den Menschenrechten und Grundfreiheiten für alle ohne Unterschied der Rasse, des Geschlechts, der Sprache oder der Religion zu fördern und zu festigen». Auch für diese Ziele setze man mit der Pflanzung der Friedenslinde ein Zeichen. 70 Jahre nach der Gründung der UNO – sei man dennoch meilenweit davon entfernt, dass die Menschheit von der Geissel des Krieges bewahrt würde. „Die Entwicklungen seit einiger Zeit sind tatsächlich besorgniserregend und schockierend, nur schon wenn wir die immer noch wachsende Zahl der Menschen anschauen, die weltweit auf der Flucht sind – über 50 Millionen sind es, so viele wie seit dem Ende des 2. Weltkriegs nicht mehr“, meinte der Referent aus dem Appenzellerland. Und trotzdem falle die Bilanz nicht so negativ aus. Fairerweise dürfe man den Erfolg der UNO nicht nur an den Zielen messen, sondern auch an ihren Mitteln und an den Verhältnissen, die die Entwicklung der Welt seit dem 2. Weltkrieg prägten.
Nach dem Ende des Kalten Krieges habe die Anzahl der UNO-Friedensoperationen massiv zugenommen, etliche UNO-Friedensmissionen haben eine stabilisierende bis deeskalierende Wirkung gehabt. Aber auch Misserfolge und Übergriffe durch Blauhelmsoldaten dürfen nicht schöngeredet werden. Das Engagement der Schweiz in diesem Bereich lasse allerdings stark zu wünschen übrig. Gut zwanzig Jahre nach dem Scheitern der Blauhelmvorlage von 1994 wäre es an der Zeit, die Rolle der Schweiz bei UNO-Friedensmissionen grundlegend zu überdenken. „Dürfen wir die Hoffnung haben, dass das Engagement der Schweiz für die UNO-Friedensmissionen zusammen mit der heute gepflanzten Friedenslinde wächst?“ fragte Tobler in die Runde. Und die Schweiz nicht nur in diesem Bereich aktiv dazu beiträgt, dass die UNO ihr Ziel verwirklichen kann, künftige Generationen vor der Geissel des Krieges zu bewahren. Dafür braucht es heute und morgen unseren Einsatz – eben auch mit der Pflanzung einer Friedenslinde!