Frühe Forderung
Noch vor der nationalen SP 1904 nahmen die Solothurner Genossinnen und Genossen die Forderung in ihr Parteiprogramm von 1897 auf. Aber auch Ende der 1920er Jahre, nachdem viele europäische Länder das Frauenstimmrecht eingeführt hatten, war die Schweiz noch längst nicht so weit. Die starke Frauenbewegung und Sozialdemokratie hatte hier vergebens gekämpft. Die zivilen und wirtschaftlichen Leistungen der Frauen im Weltkrieg wurden nicht belohnt wie anderswo.
Konservatives Frauenbild bremst
Nach einer letzten nationalen Petition von Gewerkschaften, SP und Frauenorganisationen 1929 verschwand das Anliegen von der politischen Tagesagenda. Auch in den Reihen der Genossen gewann nun das bürgerliche Frauenbild der Hausfrau und Mutter bis in die 1960er Jahre Oberhand. Entmutigend waren auch, dass sich gerade Arbeiterquartiere in lokalen Abstimmungen gegen das Frauenstimmrecht stellten. Der Kampf der Genossen fokussierte auf sozialpolitische Forderungen und die Vollbeschäftigung der Männer; die Frauenfrage blieb ein „Nebenwiderspruch“.
Weitere erfolglose Versuche
Nach 1945 trat eine energischere Generation von solothurnischen SP Frauen unter Führung von Trudi Witta an. Ging das Anliegen im Wahlprogramm 1945 noch vergessen und musste angemahnt werden, scheiterte im Kantonsrat 1948 die vom Genossen Arnold Kamber eingereichte Motion für ein Stimmrecht auf Gemeindeebene nur knapp. Zahlreiche weitere Bemühungen blieben aber vergebens. Auch die Solothurner Frauen mussten bis 1971 warten, bis es soweit war.
Feministische Forderungen
Nach 1971 traten die Genossinnen vermehrt eigenständig für gesellschaftspolitische Themen wie die straffreie Abtreibung, den eigenen Namen nach der Heirat, Mutterschaftsschutz, aber auch Lohngleichheit ein. Neue Aktionsformen und offensiveres Auftreten der neuen feministischen Frauenbewegung forderten auch von den eigenen Männern parteiintern „Machen Sie Platz Monsieur“. Trotz guter Kandidatinnen war das Solothurner Volk aber bis heute nicht bereit, eine SP-Regierungsrätin zu wählen.
Ursula Ulrich-Vögtlin und Lucie Hüsler – erste Erfahrungen als Politikerinnen nach 1971
Sie wurden Ende der 1960er Jahre volljährig und waren nicht stimmberechtigt, was sie nicht begreifen konnten. Sie studierten, waren berufstätig und emanzipierten sich im Zuge der neuen feministischen Frauenbewegung. Sie begannen sich in der SP zu engagieren und strebten politische Aemter an. Ihre Erfahrungen waren aber sehr gegensätzlich: Während Ursula Ulrich-Vögtlin als erste Frau in der Oltner Lokalpolitik wichtige Ämter übernahm und ab 1987 die erste SP-Nationalrätin des Kantons Solothurn wurde, wandte sich Lucie Hüsler nach mehreren erfolglosen Kandidaturen für den Nationalrat Mitte der 1980er Jahre endgültig der SP Schweiz zu. Als Präsidentin der SP Frauen Schweiz konnte sie viele feministische Forderungen durchsetzen, die im Kanton Solothurn noch kein Gehör fanden. Heute ist sie nicht mehr in der SP, während Ursula Ulrich für die Nationalratswahlen 2015 auf der Liste Senioren 60+ kandidiert.
Video zum Thema Gleichstellung
Niemand setzte sich in den 1970er- und 1980er-Jahren im Kanton Solothurn energischer für die Gleichstellung von Mann und Frau ein als Lucie Hüsler. Zusammen mit Ursula Ulrich gehörte sie zu den ersten Solothurnerinnen, die sich an nationalen Wahlen beteiligten. Ursula Ulrich wurde 1987 als erste Solothurner SP-Nationalrätin gewählt. Die Historikerin Rita Lanz hat mit den beiden Pionierinnen gesprochen.
Abkürzungen zu den Themen (auf Youtube in neuem Fenster):
Bilder zum Thema 1. Mai und Parteigründung
Zum Plakat:
Beim Bild handelt es sich um einen Ausschnitt einer Aufnahme aus den Ateliers Piccard, Pictet & Cie in Genf aus dem frühen 20. Jahrhundert. Quelle: Schweizerisches Nationalmuseum (DIG-5375)