Das solothurnische Gebiet wurde spät, aber umso intensiver von der Industrialisierung erfasst. Innert weniger Jahrzehnte rückte der Agrarkanton Solothurn zu einem der führenden Industrieregionen der Schweiz auf. Den Anfang machte bereits im frühen 19. Jahrhundert die Eisenindustrie im Thal und im Wasseramt, nach der Erschliessung des Kantonsgebiets durch die Eisenbahn entwickeln sich die Uhrenindustrie im Leberberg, die Textil-, Zement- und Papierindustrie im Wasseramt und die Schuhindustrie im unteren Kantonsteil. Erst später und auch weniger intensiv wurden Teile des Schwarzbubenlandes von der Industrialisierung erfasst.
Die politische Macht lag fest in freisinnigen Händen, nur in einzelnen agrarischen Gemeinden, besonders im Gäu, war die konservative Opposition in der Mehrheit.
Die in immer grösserer Zahl zuwandernden fremden Handwerker organisierten sich in den Sektionen des Schweizerischen Grütlivereins, die zuerst in Solothurn, Olten und Grenchen, dann auch in den wichtigsten Industriedörfern entstanden waren. Neben der Pflege der Geselligkeit engagierten sich die Grütlianer als Teil des Freisinns vor allem für die Anliegen der Volksbildung und der Sozialfürsorge. Ueber dem Portal des im Jahre 1912 eingeweihten Gemeindeschulhauses von Lostorf prangt noch heute der Wahlspruch der Grütlianer „Durch Bildung zur Freiheit“.
Distanzierung vom Freisinn
Mit der Zeit schlossen sich immer mehr Industriearbeiter dem Grütliverein an. Einige von diesen waren bereits gewerkschaftlich organisiert und erwarteten von ihren Vereinsbrüdern mehr Engagement in sozialpolitischen Fragen. Seit den Auseinandersetzungen um das eidgenössische Fabrikgesetz, das 1877 knapp angenommen wurde, traten auch die Spannungen zwischen dem gewerblichen und dem Arbeiterflügel des Vereins deutlicher in Erscheinung und führten zur allmählichen Distanzierung eines Teils der Arbeiterschaft von der freisinnigen Partei. „Seht zu, wie sie’s treiben, die Herren des Geldes und der Macht, und rafft euch auf!“ rief der Präsident der Grütlisektion Derendingen seinen Vereinsbrüdern zu. „Vereinigt euch zu einer sozialdemokratischen Partei, denn am faulen Liberalismus habt ihr weder Stütze noch Habe. Er hält euch für die Narren und missbraucht euer Vertrauen.“
Video zum Thema Grütlivereine
Historiker Peter Heim erklärt im Video die Ursprünge der Grütli-Bewegung, was Hammer und Sichel mit dem Rütlischwur zu tun haben und warum Hammer und Sichel in der Schweiz nie richtig zusammenkommen konnten.
Abkürzungen zu den Themen (auf Youtube in neuem Fenster):
Bilder zum Thema Grütlivereine
Zum Plakat:
Die drei Stände (Arbeiter, Bauern, Intellektuelle), die sich verbrüdern, waren ein beliebtes Motiv der Grütlibewegung. Die Grafik stammt von einem Briefkopf und ist dem Buch “Einig – aber nicht einheitlich” (redboox Limmat) in Absprache mit dem Herausgeber entnommen.