Der Generalstreik

Momentaufnahme Nr. 4: Drei Tote beim Generalstreik in Grenchen

Zahlreiche Streiks vor dem Ersten Weltkrieg
Der Kanton Solothurn zählte ab den 1880er Jahren zu den Industriekantonen der Schweiz. Aufgrund der im Vergleich mit anderen Industriekantonen schlechteren sozialen Lage der Solothurner Arbeiterinnen und Arbeiter kam es häufig zu Streiks. Die Bezirke Solothurn und Lebern zählten vor dem Ersten Weltkrieg zu den zehn kampfintensivsten Gebieten der Schweiz.

Erfolg mit klassenkämpferischer Ausrichtung
Die Solothurner SP konnte in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg durch ihre zunehmend klassenkämpferische Ausrichtung Stimmengewinne erzielen und die Anzahl Mandate erhöhen. 1908 erkämpfte sie das erste Nationalratsmandat. Gewählt wurde der Jurist und ehemals freisinnige Politiker Hans Affolter.
Die schweizweit zu beobachtenden Entwicklungen während der Kriegsjahre (Teuerung, Inflation, Reallohneinbussen, Fehlen einer Dienstausfallentschädigung für Soldaten, verschlechterte Arbeitsbedingungen, missliche wirtschaftliche und soziale Situation eines Grossteils der Arbeiterschaft, einseitige Verteilung der Unternehmensgewinne) führte auch im Kanton Solothurn zu einer Radikalisierung der Wählerschaft. Die Solothurner SP ging aus den Kantonsratswahlen von 1917 als überwältigende Wahlsiegerin hervor. Sie gewann 14 Sitze und hatte neu 38 Mandate. Die Freisinnige Partei hingegen verlor 15 Sitze und zum ersten Mal seit 1830 das absolute Mehr. Bei den Regierungsratswahlen von 1917 wurde Hans Affolter in einer Stichwahl zum ersten SP Regierungsrat des Kantons Solothurn gewählt.

Generalstreik als Höhepunkt der sozialen Spannungen
Zu den innenpolitischen und wirtschaftlichen Problemen, welche sich auf nationaler und kantonaler Ebene zeigten, kam im Juni 1918 die Spanische Grippe hinzu, die im Kanton Solothurn 600 Menschenleben forderte. Die soziale Situation in der Schweiz spitzte sich zu und kulminierte schliesslich in einem Generalstreik, der am 7. November 1918 vom Oltener Aktionskomitee ausgerufen wurde.
Ein Grossteil der Solothurner Arbeiterschaft nahm am Generalstreik teil. Dabei kam es in Grenchen zum schweizweit schwersten Zwischenfall: drei junge Uhrmacher wurden von Soldaten des Füsilierbataillons 6 am letzten Streiktag erschossen. Die Frage nach der Verantwortung wurde auf Gemeinde-, Kantons- und Bundesebene geführt. Der Bundesrat lehnte, gestützt auf nicht objektiv geführte Militäruntersuchungen, jegliche Verantwortung ab. Die Solothurner SP war vom Ausmass der Gewalt überrascht. Wie in der Schweizer Sozialdemokratie kam es auch in der Solothurner SP zu einer Vertrauenskrise, welche in den Zwischenkriegsjahren abebbte. Mit der Wahl von Ernst Nobs zum ersten sozialdemokratischen Bundesrat war die SP Schweiz ganz in das Schweizer Politsystem integriert.

Video zum Generalstreik in Grenchen

Der Generalstreik von 1918 war nicht nur für die Schweiz, sondern besonders auch für den Kanton Solothurn ein prägendes Ereignis. Die Streikleitung wurde nach ihrem Tagungsort «Oltener Aktionskomitee» benannt und der schweizweit schwerste Zwischenfall ereignete sich in Grenchen, wo drei Arbeiter von der Armee erschossen wurden. Die Historikerin Edith Hiltbrunner beleuchtet in dem Video die Hintergründe dieses epochalen Arbeitskampfes, der die aufstrebende SP des Kantons Solothurn in eine Krise stürzte.

Bilder zum Thema Generalstreik

Quellenangabe Plakat:

Das Bild stammt aus einem anonymen Fotoalbum zum Generalstreik in Grenchen, das heute im Besitz des Stadtarchiv Grenchens ist. Mit bestem Dank an Alfred Fasnacht für die Vermittlung des Bildmaterials. Alfred Fasnacht hat eine umfangreiche Online-Dokumentation zum Generalstreik in Grenchen zusammengestellt, die zurzeit überarbeitet wird, im Moment aber noch unter folgendem Link abrufbar ist: www.museums-gesellschaft.ch/streik/

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